Zusätzlich zu diesen Inkompatibilitäten, resultierend aus unterschiedlichen Protokollen und Übertragungsmedien, erweist sich eine weitere Tatsache als Nachteil: Proprietäre Automatisierungslösungen setzen in der Regel einen zentralen Servervoraus, zum Austausch von Daten zwischen eingesetzten Komponenten, die nicht wie KNX direkt miteinander vernetzbar sind. Das kann ein kleiner Rechner, ein Smartphone oder sogar eine cloudbasierte Lösung sein. Vorteil dieser Ansätze ist zwar, dass die Daten mittels Webseiten überall zur Verfügung stehen, jedoch sind sie zugleich die Achillesferse des Netzwerkes. Fällt der Server aus, fällt auch die Gebäudesteuerung aus.
Was sagt eigentlich der Begriff „Internet der Dinge“? Wikipedia definiert ihn sinngemäß so: Er beschreibt die Verknüpfung eindeutig identifizierbarer physischer Objekte mit der virtuellen Welt des Internets. Dazu verfügen die „Dinge“ über Elektronik, Software, Sensoren und die entsprechende Netzwerkkonnektivität. Jedes Ding hat eine eindeutig identifizierbare Adresse und kann Daten empfangen, sammeln, auswerten und senden. KNX verfügt bereits seit den Anfängen der Technologie über alle IoT-Merkmale. KNX Geräte kann man ebenfalls als physische Objekte sehen, die eindeutig identifizierbar sind und Daten austauschen. Und mit den Medien TP, RF, PL und IP ist auch die Netzwerkkonnektivität gegeben. KNX selbst ist ein „Internet der Dinge“. Das dezentral organisierte Bussystem zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass die Geräte zueinander kompatibel sind und direkt miteinander kommunizieren. Damit ist zum Beispiel eine hohe Verfügbarkeit der Anlagen gesichert.
KNX ist längst ein „Ding“ im Internet
Ist eine KNX Installation auch selbst ein „Ding“ im Internet? Seit mehr als zehn Jahren ermöglicht KNX IP die Kommunikation von KNX Anwendungen über IP-basierte Netzwerke. Dazu benötigt man einen KNX IP-Router, der zwei wichtige Aufgaben erfüllt. Zum einen erlaubt es die Kopplung beliebig weitentfernter KNX Systeme oder Anlagenteile über ein IP-Netzwerk (Routing), zum anderen ermöglicht es einem Endgerät den IP-basierten Zugriff auf eine KNX Installation (Tunneling). KNX IP Tunneling ist somit das von Web-Clients, Visualisierungsrechnern und Smartphones verwendete Verfahren, um mit KNX Geräten zu kommunizieren und letztendlich eine für den Endanwender ansprechende Bedienmöglichkeit zu realisieren.
Die Kommunikation KNX und Internet ist also längst Stand der Technik. Allerdings: Ohne das fachliche Knowhow von KNX Installateuren und den Aufwand für die Parametrierung ist das nicht zu machen. Das ist in der Regel auch kein Problem für KNX Installateure. Für IT-Fachleute aber schon. Denn eine Standardisierung gibt es nicht. Will man aus der Internetwelt auf das „Ding“ KNX, die Gebäudeautomation, einfacher zugreifen, braucht es neue Wege.
Web-Services und Gebäudeautomation
Aus der Perspektive des Internets sind die Verhältnisse anders: Es sind viele unterschiedliche Subsysteme zu integrieren und KNX ist eines davon. Die Gebäudeautomation aber ist für IT-Fachleute ein fremdes Terrain. Ideal für diese Branche wäre also ein Übersetzer, der beide Welten verbindet, ohne dass sich die jeweilige Seite in die andere einarbeiten muss.
Die KNX Association hat den Trend der Zeit erkannt und hat die dazugehörige Lösung „KNX Web Services“ (KNX WS) entwickelt. Diese orientiert sich an den existierenden Webservices-Realisierungen wie oBIX, OPC UA und BACnet-WS. Webservices sind eigenständige modulare Softwarekomponenten, die über das Web beschrieben, veröffentlicht und aktiviert werden können. Sie werden in der Regel von Anwendungen und nicht von Personen verwendet. Damit wird eine einfache und vielseitige Kommunikation zwischen Webservices und Systemen der Gebäudeautomation möglich.
Gateway bildet KNX Projekt ab
Die Lösung KNX IoT wird über Gateways zwischen dem KNX Netzwerk und der Internetwelt realisiert. Auf der einen Seite kommunizieren Bedienpanels, Gebäudemanagement, Smartphone u. a. per Webservices mit dem Gateway. So kann die App eines Web-Clients mit einheitlichen Texttelegrammen Daten im KNX Webservice-Gateway suchen oder übertragen.
Auf der anderen Seite dagegen ist das gewohnte KNX Protokoll zu finden. Allerdings: Damit sich von Seiten der IP-Infrastruktur die Parameter des KNX Systems erkennen lassen, muss man das ETS Projekt in das KNX WS-Gateway exportieren. Dazu steht die neue ETS Exporter App zur Verfügung. Der KNX Installateur hat die Möglichkeit, alle Projektdaten oder nur Teile davon zu exportieren. Dabei sind die Parameter eindeutig zu kennzeichnen. Auch Zusatzdaten können übertragen werden.
Mehr Nutzen durch offenen Datenaustausch
Mit KNX IoT rückt die Gebäudeautomation bzw. das Smart Home mit KNX näher an die virtuelle Welt des Internets. Es wird einfacher, Daten daraus für automatische Funktionen zu nutzen, Werte und Zustände einer KNX Anlage über das Internet dar zustellen und auszuwerten. Man denke nur an Sensorwerte und Verbrauchsdaten von Energienutzungen, die der Optimierung eines Energiemanagements dienen können. Web-Clients lassen sich vielseitiger realisieren. Der offene Datenaustausch zwischen den IT- und Gebäudeautomationssystemen ermöglicht verbesserte Anwendungen mit hohem Mehrfachnutzen.